Beobachtungsnacht vom 18/19.5.2004

Instrumentarium: - 8" f/6 MEADE Starfinder EQ, 4" f/6 Reise-Dobson, 2.5" f/13,3 Zeiss Refraktor
                                 
Beobachtungsort:
Mittelmark/Brandenburg 52°19' n.B - 50m Meereshöhe

Bedingungen: Es war eine der wenigen Nächte im Jahr, die wirklich perfekt ist. Die schon recht kräftige Frühlingssonne hatte am Tage die Feuchtigkeit weitestgehend weggebraten - die relativ Luftfeuchtigkeit war dabei unter 30% gesunken. Gleichzeitig lagen die letzten Regenfälle ja erst 2 Tage zurück, und der doch recht kräftige Pollenflug trat überhaupt nicht in Erscheinung. Die Grenzgröße in Ursa Minor lag bei 6m7 - im Zenit und Südwestteil meines Himmels war es sicher noch etwas mehr. Die Horizontsicht war außerordentlich gut, und mit etwas Konzentration konnte ich auch Alpha Antilae (4m2) bei -31° Deklination mit bloßem Auge erkennen. Dazu war es fast windstill, und meine eigene Konstitution war auch ziemlich gut. Wenn man dann noch in Betracht zieht, das die Beobachtungen minutiös geplant wurden, so konnte ich doch auf eine erfolgreiche Beobachtungsnacht hoffen.


Beobachtung:

Zeit: 23.30 Uhr - 02.30 Uhr MESZ 

Bereits am Abend deutete sich an, daß dies eine ganz besonders schöne Nacht werden sollte. Obwohl die Sonne schon sehr tief stand, schien ihr Licht überhaupt nicht geschwächt zu sein - ein Zeichen für gute Transparenz.

- Die untergehende Sonne knapp über fernen Bäumen. Aufnahme am 2,5" Refraktor mit einer Pentax Optio 555

Kurz nach Sonnenuntergang war Venus bereits deutlich zwischen einigen Schleierwolken auszumachen. Also machte ich mich der Webcam im Fokus des Refraktors einige Aufnahmen.

- Die Sichel der Venus bei nur 840mm Brennweite mit einer Logitech Quickcam Pro 3000 - Addition von 180 Aufnahmen

Die Dämmerung an diesem Abend war schon allein eine Augenweide. Der tiefblaue Abendhimmel war mit einigen dekorativen Cirruswolken verziert, die sich ohne die wärmenden Strahlen der Sonne langsam, aber sicher auflösten.

Abenddämmerung gegen 21.13 MESZ ...

... und gegen 22.30h MESZ mit Venus und Saturn

C/2001 Q4 (NEAT)

Kurz vor Mitternacht war ich dann bei meinem Beobachtungsplatz eingetroffen. Dort warteten 2 unangenehme Überraschungen - zum einen hat das umgebende Getreidefeld kräftig an Höhe gewonnen, und zum anderen hatte ich mein Rotlicht vergessen. Mir blieb nichts anderes übrig, als für die Beobachtungen und Zeichnungen das grelle Licht des Monitors meiner Digicam, sowie die Beleuchtung meines Handydisplays zu verwenden!

Der Komet befand sich östlich von Iota Cnc, und war mit bloßem Auge einfach erkennbar. Allerdings war augenscheinlich, das er wieder etwas an Helligkeit eingebüsst hatte. Ich schätze ihn auf etwa 4m2, wobei freisichtig ein winziger Schweifansatz erkennbar war. Dann folgte der überwältigende Blick durch meinen kleinen Reise-Dobson, der für solche Kometen aufgrund seines großen Gesichtsfeldes wie geschaffen ist. Wunderbar! Deutlich zeigten sich leichte Details im Bereich der Koma (non-stellarer Kern, kleine Bugwelle). Außerdem war die Unterscheidung von Staub- und Plasmaschweif möglich, wobei der Staubschweif, anders als auf vielen Fotos etwas deutlicher erschien.

- Zeichnung von Q4 Neat im 4" f/6 Dobson bei 25x - man beachte die leicht grünliche Koma  (Norden ist unten, Westen links) 

Dann probierte ich einige Fotos mit verschiedenen Techniken - sowohl auf 35mm-Film als auch mit der Digitalkamera. Das beste (wenn auch nicht berauschende) Ergebnis gelang mit der Spiegelreflexkamera, die auf einem einfachen Fotostativ montiert war. Die Orientierung wurde zum besseren Vergleich an die, der Zeichnung angepasst -> Norden unten, Westen links.

- Q4 (NEAT) 20sec belichtet auf 400 ASA Film (50mm Objektiv/ Blende 2,8) - "indirektes Sehen" zeigt einen knapp 3° langen Schweif

 

Galaxien bei Alpha Serpentis

Dann wendete ich mich in der verbleibenden Zeit noch etwas der Deep-Sky-Beobachtung zu. Lange hatte ich schon geplant, im Sternbild Serpens etwas mehr zu beobachten, als nur einige Sternhaufen. Die Zeit war reif für einige Galaxien. Über Alpha und Epsilion Serpentis ging es zu den Zielen der fortgeschrittenen Nacht. 

NGC 5990 (Gx) (Ser) 12,3mag

Der kleine "Herschel-Nebel" ist dank der markanten Lage in einem Sterntrapez von Sternen 11...12m einfach zu finden. Bei 50x ist allerdings noch indirekte Sicht notwendig, während sich bei 126x schon ein kleiner, recht heller Nebel zeigt. Das Zentrum zeigt sich deutlich aufgehellt.

NGC 5964 = IC 4551 (Gx) (Ser) 12,2mag

Ein harter Brocken mit sehr geringer Flächenhelligkeit! Meinen Respekt an H. D'Arrest, der die Galaxie in Kopenhagen visuell auffand! Östlich einer kleinen Sternkette findet sich der Nebel, der ohne genaue Kenntnis seiner Position praktisch unsichtbar ist. 98x erweist sich als optimale Vergrößerung, und zeigt einen 2:1 in Nord-Süd-Richtung elongierten, größeren Schimmer. Die schwache zentrale Aufhellung bleibt praktisch verborgen. Mit indirekter Sicht fallen jedoch einige sehr schwache Sterne unserer eigenen Milchstraße auf, die sich auf NGC 5964 projizieren.

IC 4551 zählt zu den letzten Objekten von Lewis Swift, die er kurz vor Ende des 19. Jahrhunderts fand. An seiner Position findet sich kein neues Objekt, jedoch befindet sich die von D'Arrest so nahe, dass man von einer Identität der beiden Objekte ausgehen kann.

NGC 5960 (Gx) (Ser) 14,3mag

NGC 5960 zeigt sich als sehr blasses Nebelchen, dass indirekte Sicht erfordert. Die wenigen Bezugspunkt im Sternfeld erleichtern die Suche zudem nicht. Mit 126x ist der kleine, diffuse Nebelball dann zu 50% der Zeit zu halten.

*Da die Bedingungen so gut sind, wage ich mich weiter zu einem sehr schwierigen Paar.*

NGC 5955 (Gx) (Ser) 14,9mag

Die Galaxie erscheint als sehr schwaches, flächiges Nebeloval, das keinerlei zentrale Aufhellung zeigt. Mit indirekter Sicht ist sie jedoch eindeutig wahrnehmbar. Die schwächere Galaxie NGC 5952 befindet sich 7,5' südwestlich.

NGC 5952 (Gx) (Ser) 14,2mag

Ein absolutes Grenzobjekt für einen 8-Zoller auch bei diesen guten Bedingungen! Mit indirekter Sicht zu gerade einmal 25% der Zeit zu halten. Auch dann blitzt nicht mehr als ein extrem schwaches, sehr kleines Nebelchen auf. Die etwas hellere Nachbargalaxie NGC 5955 befindet sich 7,5' nordöstlich, und kann gut als Bezugspunkt zur Verifikation benutzt werden.

NGC 5911 (Gx) (Ser) 14,0mag

Die Galaxie bildet zusammen mit einem 12m-Stern im Südwesten, und einem weiteren 12m-Stern im Osten ein etwa rechtwinkliges Dreieck, wobei sie sich genau im rechten Winkel befindet. Sie erscheint bei 126x als schwacher, rundlicher Nebel mit einem recht hellen Zentrum.

Wanderung mit bloßem Auge durch die Sommermilchstraße

Dann packte ich die Ausrüstung zusammen, aber der Himmel war immer noch so schön, daß ich mich nicht losreißen konnte, und noch einige Minuten mit bloßem Auge weiterbeobachtete. In meinem Beobachtungsbuch steht groß die Notiz "fantastische Sommermilchstraße". Nachdem ich im vorüberschauen schon die einfachen Objekte wie M 8, M 13, M24 und M 25 gesichtet hatte, packte mich doch noch einmal der Ehrgeiz. M 23 hatte ich von dieser geographischen Breite nicht für möglich gehalten, aber indirekt bei dicht bei einem schwachen Stern ein eindeutiger kleiner Nebelfleck sichtbar! Auch M 17 war dicht bei einem helleren Stern erkennbar - jedoch merklich heller als M 23. Bei M 92, an dem ich mir über einige Jahre die Zähne ausgebissen hatte, aber ich mittlerweile auch den Dreh heraus. Indirekt ganz gut erkennbar. Zum Abschluss noch zwei härtere Brocken. M 11 ist dank dem sehr hellen Hintergrund immer wieder ein Grenzobjekt. Etwas südlich des kleinen Sternbogens in der Schildwolke blitzt er dank genauem Vergleich mit dem Karkoschka doch ab und an auf. Mit M12 ist dann schließlich das Limit meiner Wahrnehmung erreicht - ich bin mir nicht ganz sicher. Unter 7m-Himmel geht der Kugelsternhaufen - da bin ich mir ganz sicher. Dann ging es aber wirklich auf die Heimreise und ab in die Federn.

Clear Skies
Matthias


* Visual Deep Sky Observing and CCD-Imaging: www.Serifone.de *