Beobachtungsnacht vom 21/22.4.2003

Instrumentarium: - 8" MEADE Starfinder EQ (f=1220mm)
                                 
Beobachtungsort:
Mittelmark/Brandenburg - 50m Meereshöhe

Bedingungen: Nachdem es am Vortag etwas dunstig war, erholte sich die Grenzgröße am heutigen Abend wieder auf 6m5. Es ist ist seit Wochen extrem trocken in Brandenburg, und es braucht mal wieder einen kräftigen Regenguss um die Pollen und andere Schwebstoffe aus der Luft zu waschen - aber wie gesagt, heute schien es kaum zu stören. Der Tag zeigte sich jedenfalls sehr sonnig mit knapp über 20°C, und auch in der Nacht kühlte es sich nur langsam bis auf etwa 5°C ab. Der Wind wehte auch nicht ganz so kräftig mit etwa 3 Bft.


Beobachtung:

Zeit: 23.00 Uhr - 02.00 Uhr MESZ

Heute hatte ich mir vorgenommen, ein leckeres  Stück aus dem großen Virgo-Kuchen herauszuschneiden. Thema war nun die noch hauptsächlich zum Coma Berenices zählende Region des Virgo-Haufens zwischen M99 und M100.

Messier 99 und seine Umgebung

Da ich die Messier-Galaxie mit der Nr. 99 schon einmal längere Zeit beobachtet hatte, und dabei schon einige Details ausmachen konnte, stand heute eine einstündige Observation der Galaxie auf dem Programm. Am nachfolgenden Tag hatte ich dann auf Basis dieser Observationen das Objekt auch gezeichnet.

M99 (NGC 4254) (Gx) (Com) 9,9mag

Intensiv beäugte ich diese Galaxie in dieser Nacht. M99 war die zweite Galaxie, bei der eine Spiralstruktur erkannt wurde, und zwar vor über 150 Jahren von Lord Rosse. Eine halbe Stunde beobachtete ich, ohne die beim letzten Mal gesehenen Details wieder zu finden. Ich fand aber deutliche Strukturen, die sich aber zu keinem Spiralschema zusammen fügten. Nach einer kurzen Pause erkannte ich meinen Fehler - ich hatte letztes Mal später beobachtet, wobei sich die Galaxie nun um mehr als 45° gedreht hatte. Jetzt war wieder der weite südliche Spiralarm indirekt sichtbar. Mit Hilfe des Fotos in der NSOG habe ich dann den deutlichen HII-Knoten im Osten der Galaxie eindeutig verifiziert. Wunderbares Objekt!

*Quasi gleich "nebenan" beherbergt das Sternbild ein nettes kontrastreiches Galaxienpaar, das zweifellos zu den Highlights der Region zählt.

NGC 4298 (Gx) (Com) 11,3mag

Ziemlich hell ovale Galaxie von schon recht anständiger Größe. Ist bei 98x ganz einfach direkt zu sehen. Ich konnte auch ein helles Zentrum der Galaxie erkennen. Das Objekt ist viel deutlicher, als die Edge-On Galaxie NGC 4302 direkt östlich.

NGC 4302 (Gx) (Com) 11,6mag

Schwächer als ich erwartet habe. Deutlich in Nord-Süd-Richtung langgestreckter, sehr schwacher Nebelstreif. Erst nach ausreichender Adaption auch mit Aufsuchvergrößerung dicht neben der viel helleren NGC 4298 zu sehen. Für Dunkelband oder ähnliche Details ist der Kontrast zu gering und das Objekt zu schwach.

*An den folgendem Beispiel zeigt sich ganz hervorragend, daß man die visuelle Helligkeit einer Galaxie zum Vergleich eigentlich nicht gebrauchen kann! 3 11,6mag Galaxien habe ich hintereinander beobachtet (inkl. NGC 4302), und jede zeigt unterschiedliche Helligkeit. Das resultiert aus der unterschiedlichen Morphologie, den verschiedenen Winkelstellungen und vor allem aus den sich dadurch ergebenden Flächenhelligkeiten.*

NGC 4262 (Gx) (Com) 11,6mag

Bei 126x recht heller Nebel mit hellem Kern. Sehr klein - visuell kaum 1' groß. 

NGC 4237 (Gx) (Com) 11,6mag

Wiederum mit 126x bester Gesamteindruck. Die Form erschien etwas oval, wobei ich die Elongation auf 2,5:1 schätzte. Der Nebel scheint im Zentrum nur etwas heller, als in den Armen.

Auf dem Weg zu M100...

...ging es weiter mit ...ja genau - Galaxien. Teilweise waren 4 oder 5, selbst in diesem etwas periphereren Virgo-Bereich, in einem Gesichtsfeld!

NGC 4377 (Gx) (Com) 11,9mag

Schon mit dem Aufsuchokular bei 50x deutlich erkennbar. Bei 126x sehe ich einen hellen Nebel von runder Form und geringer Ausdehnung im Okular. Schaut ganz ähnlich aus, wie NGC 4262.

NGC 4419 (Gx) (Com) 11,2mag

Diese Galaxie erscheint bereits mit 50x hell und direkt. Sie befindet sich nicht genau in Kantenlage, wobei die Elongation etwa 4:1 in Ost-West-Richtung beträgt. Mit 98x sind in der Galaxien schwache Strukturen östlich des Kerns zu entdecken. Im DSS2-Bild entpuppen sich diese Details als Staubstrukturen.

NGC 4421 (Gx) (Com) 11,6mag

Bei 126x ist NGC 4421 etwas in Nord-Süd-Richtung elongiert, wobei doch die rundliche Gesamtform überwiegt. Ein recht heller, mittelkleiner Nebel mit einem etwas störendem Stern im Nord-Westen.

NGC 4396 (Gx) (Com) 12,6mag

Eine sehr schwache Galaxie in Kantenlage. "Liegt" in Nordwest-Südost-Ausdehnung im Raum. Ein deutlicher 12mag Stern steht wenige Bogenminuten nördlich, und hilft beim aufsuchen. 

NGC 4379 (Gx) (Com) 11,7mag

NGC 4379 ist ein deutlicher, mit 126x direkt sichtbarer Nebel mit rund-ovaler Gesamtform und hellem Kern.

IC 3365 (Gx) (Com) 13,9mag

Eigentlich sehr schwierig wahrnehmbares Objekt, aber 4 hellere Sterne, die ein Trapez bilden, helfen sehr bei der Beobachtung. Die Galaxie bildet mit 3 der 4 Sterne ein exaktes Rechteck, und lässt sich so gezielt mit indirektem Sehen beobachten. Als einziges Detail erschien eine längliche Form.

NGC 4312 (Gx) (Com) 11,7mag

Bei 50x am deutlichsten. Visuell auffällige Kantenlage, wobei das Objekt an sich zwar relativ ausgedehnt, aber doch recht schwach erscheint. Seltsamer Weise habe ich im Norden der Galaxie einen schwachen Stern vermutet, der aber auf Fotos nicht zu finden ist.

M100 und seine Umgebung

Dann kam ich zum dicken Brocken, der mit seinen schwachen Zwerggalaxien heute die Ziellinie des visuellen Abends darstellte.

M100 (NGC 4321) (Gx) (Com) 9,4mag

Sehr groß, und im Vergleich zu den vorher beobachteten Galaxien sehr hell, aber für ein Messier-Objekt relativ schwach. Mit indirektem Sehen sind Strukturen angedeutet, aber nicht so gut erkennbar, wie bei M99. Viel interessanter fand ich heute Abend die Zwerggalaxien.

NGC 4328 (Gx) (Com) 13,0mag

Zwerggalaxie von M100. Mit 98x und indirekter Sicht erkenne ich eine sehr kleine runde Nebelwolke. Die ist wirklich nicht ganz einfach zu beobachten. 

NGC 4323 (Gx) (Com) 14,8mag

Noch schwieriger, als NGC 4328. Nur mit angestrengter indirekter Sicht, beim treffen des optimalen Blickwinkels sehr schwach erkennbar. Kein Wunder, das sie Herschel übersehen hat. 126x Vergrößerung waren zur Wahrnehmung notwenig.

NGC 4322 * (Com) 

Diese fragwürdige Objekt wurde von Tempel bei der Beobachtung von M100 und NGC 4328 entdeckt. Tempel beschrieb 2 Objekte nördlich von M100 - das eine ist wohl eindeutig die Zwerggalaxie NGC 4323, aber an der anderen Position findet sich nur ein schwacher Stern, der bei hoher Vergrößerung gerade im 8".zu erkennen ist. 

IC 783 (Gx) (Com) 13,6mag

Zum Abschluss noch ein sehr schwacher, recht schwieriger Nebel westlich von M100. Mit indirekter Sicht kann ich ganz schwach einen kleinen Nebelfleck ausmachen. Mittels Skizze konnte ich das Objekt dann später bestätigen.

Das war eine lohnende Nacht im Virgo-Haufen. Obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, hauptsächlich Nebel im Sternbild Virgo zu beobachten, bin ich dank der schönen Objekte doch wieder im Coma Berenices hängen geblieben. Aber es hat Spass gemacht. Und da das Wetter halten soll, geht es Morgen wieder raus zum beobachten - und dann aber wirklich zur Virgo. :-)

Clear Skies
Matthias


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