Bavarian Nights - Teil 2. vom 26/27.2.2003

Instrumentarium: - 8" MEADE Starfinder EQ (f=1220mm), 4,5" TAL 1M und 4 (mittlerweile nicht mehr ganz) unermüdliche Beobachter-Augen ;-)
                                 
Beobachtungsort:
Bayerischer Wald auf 49°07' n.B. - 570m über Meereshöhe

Beobachter: Matthias Juchert, Christian Schreiner 

Bedingungen: Auch wenn wir nicht wirklich damit gerechnet hatten, auch die 2. Nacht im Bayerischen Wald, blieb vollständig klar! Die Grenzgröße stieg in Zenitnähe wieder in Regionen um 6m5. Die Nacht war wieder ziemlich trocken, und wir hatten nicht mit Taubeschlag zu kämpfen. Nur die großen Karten von Christians SkyAtlas waren regelmäßig zugefroren - genau der Tubus meines Starfinders. Durch den schneebedeckten Boden kroch die Kälte trotz häufiger Aufwärmpausen unweigerlich in die Füsse.


Beobachtung:

Zeit: 20.30 Uhr - 6.30 Uhr (!)

Auch an diesem Abend stand wieder reichlich Deep-South auf der Speisekarte, auch wenn ich es heute ruhiger angehen lies. Das große Programm hatte ich in der vorherigen Nacht bereits weitgehend geschafft - nur wenige Ziele wie Lupus wurden bisher noch nicht angesteuert. So konnte ich genüsslich in meiner Kartensammlung suchen, während Christian heute die "verHolmbergte" Zeit vom Vorabend wettmachen musste, und sich durchs Monoceros und die H400-Objekte von Ursa Major (liebevoll "Uhmah" genannt: ) ;-) schlich.

Deep-South in Columba und Canis Major

Ich hatte zwar am Vorabend schon einen Doppelstern im Sternbild Taube (Columba) gesehen, aber eine kleine Galaxie bei sage und schreibe -27°51' also höher als erwartet, wollte ich doch noch probieren. Danach hatte ich den südlichen Canis Major mit etlichen schwachen Galaxien auf der Karte....

IC 2158 (Gx) (Col) 12,0mag

Sehr schwacher, runder, diffuser Fleck bei 98x mit indirektem Sehen. Nicht einfach, aber eindeutig sichtbar.

..und dann ins südliche Gebiet von CMa....

NGC 2217 (Gx) (CMa) 10,7mag

Recht schwach, aber gut sichtbar bei 98x und indirektem Sehen. Etwa runder mittelgroßer Nebel - dicht westlich ist ein schwaches Sternchen - geschätzt etwa 12. Größe. Der interessante ringförmige Halo, den das DSS-Bild zeigt, ist mir visuell nicht aufgefallen.

Ruprecht 3 (Oc) (CMa)

Ein netter kleiner Sternhaufen, der auch im 4,5" deutlich zu erkennen war! Sozusagen ein Geheimtipp! Im 8" schon bei 50x sehr leicht zu sehen. Bei 190x sind 6-7 helle und mindestens 3 schwache Sterne in einer interessanten Form zu erkennen. Sieht aus wie eine gewundene Kette oder eine Schlange. 6' südlich ist ein heller leider nicht katalogisierter Doppelstern mit 38" Distanz.

Ruprecht 2 (Oc) (CMa)

Etwas größer als Ruprecht 3, aber nicht so auffällig. Bei 50x sieht man nur, das dort "etwas" ist. Bei 190x zeigen sich nur 6-7 Sterne mit einem vermuteten körnigen Untergrund. Markantestes Merkmal sind die 3 hellsten Haufensterne, die ein kleines Dreieck im Zentrum bilden.

NGC 2325 (Gx) (CMa) 11,4mag

Als John Herschel diesen Nebel im 19. Jahrhundert am Kap entdeckte, vermerkte er ihn als Nr. 3071. Er zeigt sich recht schwach, aber gut sichtbar bei 98x und indirektem Sehen. Ich konnte deutlich die Nord-Süd-Elongation des Nebels erkennen, eine zentrale Aufhellung blieb mir jedoch verborgen. Bemerkenswert ist der recht deutliche 11mag-Stern, der am Süd-Ost-Rand der Galaxie steht.

NGC 2280 (Gx) (CMa) 10,3mag

Geringe Flächenhelligkeit! Diese Galaxie protzt zwar mit 10m3 angegebener Helligkeit, wovon aber nichts zu erkennen ist. Sie ist extrem schwach, und nur bei konzentrierter Beobachtung phasenweise, als undefinierter diffuser Lichthauch zu erkennen. Horizonthöhe zum Beobachtungszeitpunkt etwa 11°. 

..dann suchte ich nochmals den netten Sternhaufen Collinder 140 auf, und der zeigt sich von hier wesentlich besser als von Brandenburg aus! Auch der im Haufen enthaltene Doppelstern Dunlop 47 zeigte sich hier viel besser ohne dicke Seeingscheibchen. Aber es gibt 1° östlich noch einen weiteren Dunlop-Doppelstern....

Dunlop 49 (Ds) (CMa) 8,9"

Schön getrennt bei 50x. Pw geschätzt 45°. Ein schönes helles Sternpaar mit 6mag bzw. 7mag. Beide Sterne zeigen eine blau-weiße Färbung. Als der Doppelstern im Jahre 1835 erstmals von J. Herschel gemessen wurde, betrug die Distanz noch 15"! Jedoch hat sich der Pw kaum geändert, weshalb ich das System für ein optisches halte.

...kurz bevor diese Region vom Himmel verschwand, hatte ich noch mal meine alten Bekannten Collinder 135 (mit Pi Puppis) und den hellen südlichen Sternhaufen NGC 2451 im Okular. Beide machten jedoch einen relativ schwachen Eindruck, und versanken bei nur 3° Horizonthöhe in den horizontnahen Luftschichten.

Chill Out in höheren Gefilden

..damit hatte ich beruhigend viele Objekte für die Deep-Sky-Datenbank zusammengetragen, und wollte mich mal den bekannteren, höher stehenden Objekten widmen. Mit einem Eiskratzer löste ich Christian von seinem Okular ;-), und wir begutachteten einige helle Schauobjekte. 

M 42 war besonders bemerkenswert für mich, weil ich dank Christians Hinweisen an diesem Abend Details entdeckt habe, die ich bisher nie beachtet hatte. Endlich hatte das Trapez bei 102x 6 erkennbare Komponenten. Noch spannender war jedoch der geschlossene Nebelbogen von M42. Wer ahnt denn, das direkt östlich von Iota Orionis, immerhin ein halbes Grad vom Trapez entfernt, die gesuchte Nebelschwinge deutlich - mit UHC sogar hell zu sehen ist! Im Newton schaut sie aus, wie eine Art Möwe mit ausgebreiteten Schwingen!

...stark waren auch die vielen Sternhaufen des Winterhimmels, die man einfach scanen konnte und permanent fündig wurde. NGC 2359 /Thors Helm) hatten wir auch mit UHC im Okular, wo sich eine helle Nebelwolke mit mind. einer Nebelabzweigung zeigte! Interessant! Dann probierten wir noch den Rosettennebel im TAL und im Starfinder, wobei ohne Filter jeweils nur ein schwacher Hauch zu erkennen war, während sich mit UHC, deutliche Nebelschlieren um den zentralen Sternhaufen abzeichneten. 

...ich entschloss mich noch zu einer Tour durch Canis Minor, in dem ich noch überhaupt kein DS-Objekt beobachtet hatte....

NGC 2394 (Oc) (CMi)

Wohl nur ein Asterismus, und kein echter offener Haufen. Immerhin bei 50x schon ganz einfach als verstreute Sterngruppe im Milchstraßenfeld zu erkennen. Hebt sich relativ gut vom Umfeld. Insgesamt längliche Anordnung. Bei 98x habe ich der Gruppe 16 Sterne zugeordnet. 

Dolidze 26 (Oc) (CMi)

Steht dicht südöstlich bei dem hellen naked-eye Stern 6 CMi. Bei 50x hebt sich die Gruppe mittelmäßig vom Hintergrund ab, und füllt bei 98x fast das gesamte Gesichtsfeld aus. Ich konnte etwa 40 verschiedene Sterne zählen - sowohl hellere, als auch schwache. Eventuell Feldstecherobjekt?  

Danach - es war ungefähr 1 Uhr, war ich so müde geworden, das ich beschloss, mich eine Runde auf Ohr zulegen, was sich im Nachhinein als kluger Schachzug erwies. Als ich gegen 4 Uhr wieder aufwachte, beobachtete Christian immer noch am TAL (der Verrückte! ;-) ..) Er sah recht zufrieden aus, hatte er doch die Zeit - wie ich hörte erfolgreich - nach H400-Objekten in UMa gegraben, und zudem meinen 8" mit hellen Messier-Objekten genötigt. :-)

Deep-South im Lupus!!

Der Skorpion war schon halbwegs aufgegangen, was mir ein deutliches Signal war - Zeit für Lupus - das letzte Deep-South-Projekt, das auf meiner Liste stand, und es wurde tatsächlich eine ganz besondere Beobachtung....

Der in Mitteleuropa sichtbare Teil des Sternbildes Lupus von -30° bis etwa -40° Deklination

Als erstes beobachtete ich einen der schönsten Doppelsterne des Südhimmels...

Xi Lupi (Ds) (Lup) 10,4"

= Piazzi 4 (PZ 4). Erst das 2x in meinem Leben zu Gesicht bekommen! Wunderbar getrennt bei 50x und 98x. Die beiden hellen 5mag-Sterne in etwas mehr als 10" sind wieder ein schöner Anblick. Der Doppelstern wurde nicht von Dunlop oder Herschel entdeckt, sondern vom italienischen Beobachter G. Piazzi von Palermo/Sizilien aus. Dies ist datiert auf die Zeit um 1814.

Dann wurde es spannend - ein Kugelsternhaufen im Lupus!...

NGC 5824 (Gc) (Lup) 9,0mag

= NGC 5834. Der nördlichste Kugelsternhaufen im Lupus mit -33° Deklination und damit knapp 8° Horizonthöhe. Hell und selbst mit direkter Sicht einfach zu erkennen. Sehr heller, fast sternförmiger Kern. Dieser verleiht ihm eine zaghafte Ähnlichkeit mit einem planetarischen Nebel. Der relativ kleine Halo war visuell nur 2-3' groß!

Dann kam der finale Showdown. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, NGC 5986 zu probieren, und Christian zog auch mit. Das wäre es ja, den hellsten Globular im Lupus - hat den überhaupt schon jemand von Deutschland aus beobachtet? :-) Von Xi Lupi ausgehend, arbeitete ich mich mit dem Sucher dem Horizont entgegen. Dann die Ernüchterung! Ein paar Bäume und Stromleitungen versperrten die Sicht. Aber gleich darauf keimte wieder Hoffnung auf, da der Stern Eta Lupi (-38°25' Dekl.) durch die Bäume blitzte, und ich mittlerweile die beiden 6 und 7mag Aufsuchsterne zwischen den Ästen gefunden hatte! Diese musste ich nun für 10min durch das Geäst verfolgen, bis am Horizont eine freie Sicht bestand. Und dann der große Moment! Ich rief Christian, für den das Objekt noch in den Bäumen stand zu: "Ich glaub, ich spinne! Da ist was!" Da war tatsächliche ein ganz schwacher, aber mittelgroßer Nebelfleck wahrzunehmen. Im TAL wurde die Beobachtung dann eindeutig bestätigt - seltsamerweise war der Nebelball im 4,5"er noch viel deutlicher. "Schwach aber gut sichtbar" : entgegnete Christian mit breitem Grinsen. ;-)

NGC 5986 (Gc) (Lup) 7,1mag

-37°47' Deklination! Der südlichste Kugelsternhaufen, den ich bisher gesehen habe! Kaum mehr als 3° über Horizont! Die Grenzgröße im 8"er lag etwa bei 9-9,5mag! Ca. 5' großer diffuser Fleck, der ein leicht aufgehelltes Zentrum zeigt. Ziemlich schwach, dank Horizonthöhe. Aber erkennbar und bestätigt.

Dann war noch lange nicht Schluss. Wir probierten in unserer Euphorie gleich noch den Pn NGC 6026, der etwas nördlicher steht. Aber die Dämmerung setzte diesem Versuch ein Ende. Wir genossen noch den Aufgang von Venus und der schmalen Mondsichel, bevor wir diese lange Beobachtungsnacht beendeten - zwar müde aber sichtlich zufrieden . 

Clear Skies
Matthias


Visual Deep Sky Observing and CCD-Imaging: www.Serifone.de