Beobachtungsnacht vom 3.7.2003

Instrumentarium: - 8" f/6 MEADE Starfinder EQ
                                 
Beobachtungsort:
Mittelmark/Brandenburg 52°19' n.B - 50m Meereshöhe

Bedingungen: Es ist ein Pokerspiel mit den Wolken - gegen 23h ist der Himmel bedeckt, aber das Satellitenbild lässt hoffen, und so breche ich trotzdem auf. Ich sollte recht behalten, und gegen 0.30h reißen die Wolken auf und geben einen sehr klaren Himmel Preis. Die Luft ist nur etwas feucht und lässt die Optik nicht beschlagen - die Grenzgröße erreicht bei angenehmen Temperaturen wieder 6m3 - der Mitternachtsdämmerung sei dank. ;-)


Beobachtung:

Zeit: 00.30 Uhr - 02.00 Uhr MESZ

Hilfe(!) - das Maisfeld in Richtung Süden erreicht nun langsam bedrohliche Höhen - bald werden tiefe Deklinationen unerreichbar sein, und der sommerliche Wechsel des Beobachtungsplatzes steht wohl bald bevor. Zudem hat das rascheln im Feld etwas durch und durch beunruhigendes, aber ich schaffe es mittlerweile ganz gut, die Angst zu verdrängen. Das geht am besten mit einem spannenden, und ablenkenden Beobachtungsprogramm. Auf mich wartete immerhin der tiefe Süden...

Deep-South im Sagittarius

Obwohl die Horizontsicht schon einmal besser war, wagte ich mich heute (mal wieder) bis auf -30° Deklination hinunter - die beiden Globulars in der Nähe von Gamma Sagittarii waren angepeilt, wobei mir besonders der schwächere von beiden - NGC 6528 - noch in schlechter Erinnerung war vom Vorjahr - eine ziemliche Funzel. Was würde heute zu sehen sein?  

NGC 6522 (Gc) (Sgr) 8,6mag

Einfach sichtbar schon mit 50x trotz nur 7° Horizonthöhe. Ziemlich hell und recht groß. Helligkeit steigt zum Zentrum deutlich an. Zeigt sich leicht gezuckert, aber er bleibt auch bei 190x unauflösbar.

NGC 6528 (Gc) (Sgr) 9,5mag

Puh - da braucht es eine Weile bis ich den erkenne, aber heute ist er ganz eindeutig sichtbar. Ziemlich schwach bei 50x, aber auch bei 126x noch relativ dunkel. Nur etwa halb so groß, wie NGC 6522. Das Zentrum erscheint schwach aufgehellt, aber verrät durch leichte Körnung schon die Sternhaufennatur. Wieder einmal Kompliment an die Beobachtungsleistung von William Herschel, der diesen Haufen von England aus auffand!

*Und da ich mir gerne mal den einen oder anderen Doppelstern anschaue, hatte ich heute 2 interessante Exemplare auf dem Plan, die vom sizilianischen Beobachter Piazzi (dem Entdecker vom Ceres!) aufgefunden wurden.

Piazzi 6 (Ds) (Sgr) 5,5"

Bei 98x lassen sich die beiden Komponenten von 5m4 und 7m0 trotz miesem Seeings knapp trennen. Bei 126x gelingt dies deutlicher. PW etwas größer als 90°.

Piazzi 5 (Ds) (Sco) 10,1"

Am besten lässt sich Pz 5 bei 98x trennen, wobei ich den PW auf knapp 180° geschätzt habe. Der Helligkeitskontrast zum Begleiter ist sehr deutlich.

*Dann gönnte ich mir die erste echte Herausforderung des Abends. Palomar 8 war in den 90ern in den Schlagzeilen von Interstellarum zu finden, als Mitglieder der Fachgruppe Deep-Sky das Objekt nach ersten Sichtungen mit 16" schließlich auch mit 4,5" beobachten konnten - allerdings unter sehr guten Bedingungen. Sollte dieses Objekt tatsächlich so einfach sein...? Um es vorwegzunehmen - es war das schwierigste der Nacht.*

Palomar 8 (Gc) (Sgr) 11,2mag

Ich habe eine Weile mit mittlerer Vergrößerung beobachtet, und konnte per indirekter Sicht ein kleines Nebelchen erkennen, das sich dann später eindeutig mit der DSS-Position verifizieren ließ. Sehr schwach, ziemlich klein, und nur zu 50% der Zeit sicher zu sehen. Pal 8 steht im Sternbild Sagittarius tief am Himmel, was seine Sichtbarkeit wohl deutlich erschwert. 

Weitere Faint Fuzzy's am Sommerhimmel

Jetzt war ich auf den Geschmack gekommen. Aber Palomar's sind ja mittlerweile auch schon recht häufig frequentiert, und so hatte ich mir etwas noch viel unbekannteres ausgegraben. Ein Objekt, bei dem man sich vielleicht insgeheim fragt, ob es überhaupt schon mal von jemandem, außer dem Entdecker (Brent Archinal) beobachtet und gezeichnet wurde....

Archinal 1 (Oc) (Ser)

Mit 98x kann ich an der gegebenen Position einen deutlichen Nebel wahrnehmen, der in N-S-Richtung elongiert erscheint. Mit 190x und konzentrierter Beobachtung gelingt es, immerhin 5 Sterne von 14mag und schwächer aufzulösen, wobei sich das hellste Haufenmitglied im Süden befindet.

Archinal 1 bei 190x im 8" - Matthias Juchert

Weiter geht's mit den interessanten Sachen....

Vor einiger Zeit kam bei mir mal die Frage auf, welches denn nun der visuell schwächste Kugelsternhaufen des NGC-Katalogs sei, und da gibt es offensichtlich mehre Kandidaten, die um die Ehre buhlen. In einer mir bekannten Diskussion, ging es dabei hauptsächlich um 3 Haufen: NGC 7492 im Aqarius, NGC 6380 im Scorpius und NGC 6749 in Aquila. Mir persönlich fällt da auch noch NGC 6256 im Scorpius ein, der sich auch nicht gerade die Photonen vom Leib reisst. Da die beiden Scorpius-Haufen von Mitteleuropa aus nicht sichtbar sind, bleibt nur der Vergleich der anderen beiden - und den gewinnt wohl NGC 6749 - ein ausgesprochen schwaches Fuzzelchen, das John Herschel bei einem seiner berühmten "sweps" aufgefallen war.*

NGC 6749 = Berkeley 42 (Gc) (Aql) 11,1mag

Ich hatte leider keine ganz genaue Aufsuchkarte, aber mir war in der fraglichen Region nach einiger Beobachtung immer wieder ein blasser Nebelfleck am Südrand eines Sternes aufgefallen - der Haufen! Er ist sehr schwach, aber indirekt leuchtet er eindeutig auf. Ein recht kleiner Nebel mit einem markanten 13mag-Stern an seiner Nordseite. Phasenweise scheint das Zentrum des Nebels leucht heller. Jedenfalls bedeutend heller, als Palomar 8.

NGC 6749 bei 126x im 8" - Matthias Juchert

Ganz in der Nähe hatte ich noch einen Blick auf den Gasnebel Sharpless 72 (Sh2-72) geworfen, und den Komplex in meinem Beobachtungsbuch als "3 sehr schwache Nebelflecke und ein länglicher, extrem schwacher Streamer" beschrieben, was sich allerdings nach Betrachtung des DSS als falsch erwies. Die Fotoplatten zeigen den Nebel an einem ganz anderen Fleck - hier haben mir wohl der UHC-Filter und einige schwache Sterne einen Streich gespielt.

*Dann ging es wieder zurück zu meinem Palomar-Programm ... und einer echten Überraschung*

Palomar 11 (Gc) (Aql) 11,9mag

Für einen Palomar ohne NGC/IC-Nummer wirklich überraschend. Bei 98x und 126x ist ein mittelkleiner Nebel mit hellerem Zentrum, gut indirekt zu halten. Das nette Sternmuster im Norden des Haufens, erleichtert das Aufsuchen noch einmal, so das es sich für Palomar-Verhältnisse wirklich um ein ansehnliches Objekt handelt.

*Ganz in der Nähe befindet sich noch eine schwache, aber mit 8" ebenfalls sichtbare Galaxie*

NGC 6821 (Gx) (Aql) 13,1mag

Mit indirekter Sicht bei 126x sichtbar, zeigt sich ein Nebel recht recht schwach betontem Zentrum. Die Gesamtform erschien mir rund-oval, wobei die O-W-Ausdehnung etwas größer erschien.

Ich hatte gar nicht bemerkt, das die Morgendämmerung bereits eingesetzt hatte - in Brandenburg passiert das an einem 3.7. meistens kurz nach 2 Uhr MESZ. Ich hatte die kurze Nacht und die guten Bedingungen zu einer schönen Beobachtungssession verarbeiten können. Es war eine Nacht, die wie immer mindestens genau so viele Fragen aufgeworfen, wie gelöst hat....z.B. wie viele Palomar-Haufen neben den bereits gesichteten Nummer 7, 8, 9 und 11 noch sichtbar sein werden mit dem 8" Newton. Nach einem letzten Blick auf den strahlenden Mars ging es den Dämmerungsfarben entgegen.

Clear Skies
Matthias


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